Kapitel 7: Amalie Gräfin zu Solms-Braunfels und Friedrich Heinrich Prinz von Oranien, Graf von Nassau

Die Oranier-Diva

Das calvinistische und gebildete Heidelberg spielte nicht nur im Leben von Luise (Kapitel 4) und Emilia (»Amélie«) von Oranien (Kapitel 6) eine wichtige Rolle, auch Amalie von Solms (1602–1675) wohnte hier. Ihr Vater, Johann Albrecht Graf zu Solms-Braunfels (1563–1623), stand als Großhofmeister in Diensten von Kurfürst Friedrich V. von der Pfalz, und so wuchs die 1602 geborene Amalie hier auf. Nichts ließ erahnen, dass sie später mit Glanz und Gloria am Oranierhof in Den Haag herrschen sollte.

Dass es hierzu kam, hat nicht zuletzt mit Prinz Moritz zu tun, Sohn Wilhelms I. von Oranien und ein in ganz Europa bewunderter Feldherr. Dem Tode geweiht, sorgte sich der unvermählte Moritz 1625 um die Zukunft seines Hauses, dessen »Ehre und Würde« er bewahren wollte. Um den Fortbestand der jungen, aber bereits ruhmreichen Oranierdynastie zu sichern, sollte sein einziger, 41-jähriger Bruder Friedrich Heinrich (1584–1647) so schnell wie möglich heiraten und für männliche Erbfolger sorgen. Moritz drohte sogar damit, einen seiner Bastardsöhne zu legitimieren, wodurch sein Bruder den zur Erbfolge berechtigenden Titel Prinz von Oranien verloren hätte. So kam es am 4. April 1625 zu einer Blitzhochzeit mit Amalie, auf die Friedrich Heinrich schon länger ein Auge gehabt hatte. Die Gräfin lebte bereits seit 1621 als Hofdame der Kurfürstin, mit der sie vor den Religionskriegen geflohen war, in Den Haag. Neunzehn Tage nach der Eheschließung, am 23. April, starb Moritz. Ab diesem Tag führten die beiden Frischvermählten den Titel Prinz bzw. Prinzessin von Oranien.

Alsbald wurde deutlich, dass das Paar vom europäischen Adel ernst genommen werden, dass es dazugehören wollte. Glücklicherweise besaß Friedrich Heinrich die Hoheit über das französische Fürstentum Orange – eine Würde, die außer ihm kein anderer niederländischer Edelmann vorzuweisen hatte. Damit befand er sich auf Augenhöhe mit den europäischen Fürstenhäusern. In der bürgerlichen Republik der Niederlande war er Statthalter, eine Position, bei der es vor allem darauf ankam, was man daraus machte. Für die Rolle seiner Frau Amalie, Prinzessin von Oranien, gab es keinerlei Vorgaben. Das junge Paar beschloss, nicht zu kleckern, sondern zu klotzen, und begründete einen Fürstenhof, wie ihn Den Haag noch nicht gesehen hatte. Sie sammelten Kunst, ließen Palais errichten, Porträts anfertigen und gaben ein Vermögen für Kleider und Juwelen aus. Auch profilierte sich der Oranierprinz als geschickter Staatsmann und begnadeter Feldherr. Amalie, die ebenso ehrgeizig war wie ihr Gemahl, wurde zu seiner wichtigsten Ratgeberin. Politiker und ausländische Gesandte kamen nicht um diese gewiefte Oranier-Diva umhin, die deren kostbare, mehr oder minder obligatorische Geschenke anmutig entgegennahm.

1637 wurde ein erfreuliches Jahr: Der französische König traf den Entschluss, Friedrich Heinrich, der bis dato mit »Exzellenz« angesprochen wurde, den Titel »Hoheit« zu verleihen. In den Jahren, die folgten, trugen die Eheschließungen der Kinder mit Angehörigen führender Herrscherhäuser, darunter sogar königliche Partner, der Oranierdynastie einen beträchtlichen Statusgewinn ein. Das betont fürstliche Gebaren Friedrich Heinrichs und Amalies sowie die Förderung niederländischer Kunst und Kultur im In- und Ausland sorgten für eine Verankerung des Hauses Oranien im Bewusstsein des Volkes, wie sie Prinz Wilhelm I. und dessen Söhne Philipp Wilhelm und Moritz zuvor nicht hatten bewirken können. Nach dem Tod Friedrich Heinrichs im Jahre 1647 setzte sich seine Witwe Amalie mit Eifer für den Erhalt des Fürstentums Orange und für die Zukunft ihres Enkels Prinz Wilhelm III. ein. Zu ihrer großen Genugtuung wurde dieser 1672 zum Statthalter ernannt. Drei Jahre später konnte sie in Frieden die Welt verlassen: die Zukunft des Hauses Oranien war gesichert!

Reinildis van Ditzhuyzen, April 2016

Literatur

  • Ditzhuyzen
  • M. H. Gans: Juwelen en mensen (Juwelen und Menschen), mit zahlreichen Oranier-Inventaren, Amsterdam, 1961
  • S. Groenveld: De Winterkoning Frederik V van de Palts. Balling aan het Haagse hof (Der Winterkönig Friedrich V. von der Pfalz. Verbannter am Haager Hof), Den Haag 2003
  • J. N. Fernhout: Eindelijk weer samen. Inventaris van de archieven van stadhouder Willem II en Amalia van Solms en enige verwanten (Endlich wieder vereint. Inventar der Archive von Statthalter Wilhelm II. und Amalie von Solms und einigen Verwandten), Amsterdam 2012
  • Marika Keblusek: Jori Zijlmans (Hrsg.): Vorstelijk vertoon. Aan het hof van Frederik Hendrik en Amalia (Fürstliches Gebaren. Am Hof von Friedrich Heinrich und Amalie), Zwolle 1997
  • Horst Lademacher (Hrsg.): Onder den Oranjeboom. Niederländische Kunst und Kultur im 17. und 18. Jahrhundert an deutschen Fürstenhöfen, 2 Bände, München 1999
  • J. J. Poelhekke: Amalia van Solms 1602–1675, in: C. A. Tamse (Hrsg.), Vrouwen in het landsbestuur (Frauen in Staatsämtern), Den Haag 1982, S. 111–128
  • Marieke E. Spliethoff: Amalia van Solms-Braunfels, in: Digitaal Vrouwenlexicon van Nederland (Digitales Frauenlexikon der Niederlande),
    http://resources.huygens.knaw.nl/vrouwenlexicon/lemmata/data/AmaliaVanSolms
  • Der Winterkönig. Friedrich V. Der letzte Kurfürst aus der Oberen Pfalz. Amberg – Heidelberg – Prag – Den Haag. Augsburg 2003.
Frederik Hendrik Prins van Oranje

Friedrich Heinrich Prinz von Oranien (1584–1647), genialer Feldherr und Städtebezwinger. (Jacob Jordaens, Schloss Huis ten Bosch – Oranjesaal, Ostwand)

Amalia van Solms

Amalie von Solms (1602–1675) war eine glückliche Ehefrau, ehrgeizige Mutter, prunkliebende Gastgeberin sowie glamouröse und einflussreiche Prinzessin von Oranien (Gedenkmünze, 1930)

Huis ten Bosch in 's Gravenhage
Abbildung: ©Beeldbank van de Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed / http://beeldbank.cultureelerfgoed.nl/alle-afbeeldingen/?mode=gallery&view=horizontal&q=20086762

Schloss Huis ten Bosch im 17. Jahrhundert. Dieses königliche Lustschloss im holländisch-klassizistischen Stil wurde im Auftrag Amalies erbaut und dient den Oraniern bis heute als Wohnsitz.