Kapitel 6: Emilia Antwerpiana von Oranien, Gräfin von Nassau, und Friedrich Kasimir, Pfalzgraf von Zweibrücken-Landsberg

Pfalzgräfin mit Geldsorgen

Geldsorgen und Familienzwistigkeiten prägten das Leben von Emilia Antwerpiana (1581–1657), der sechsten und jüngsten Tochter Prinz Wilhelms I. von Oranien und Charlottes von Bourbon. Nur wenige Monate nach ihrer Geburt im Dezember 1581 in Antwerpen – der Stadt, deren Namen sie führt – ereilte sie der erste Schicksalsschlag: im Mai 1582 verstarb ihre Mutter. Zwei Jahre später wurde ihr Vater ermordet.

Damit begannen die finanziellen Probleme Emilias, die später mit »Amélie« unterschrieb, und ihrer fünf Schwestern, denn ihr Vater hatte ihnen nur Schulden hinterlassen. Wer sollte jetzt für die Erziehung der sechs Prinzessinnen von Nassau-Bourbon aufkommen? Nicht zuletzt aus diesem Grund holte die älteste, Luise (Kapitel 4), die 1593 den mächtigen Kurfürsten von der Pfalz heiratete und nach Heidelberg zog, ihre zwölfjährige Schwester Amélie zu sich. Hier sollte sie die nächsten 23 Jahre verbringen; sie heiratete erst 1616, also mit 35 Jahren, was für die damalige Zeit sehr alt war. Nach der Hochzeit mit dem vier Jahre jüngeren Pfalzgrafen Friedrich Kasimir von Zweibrücken-Landsberg (1585–1645) nahm das Paar Wohnsitz im Renaissanceschloss Landsberg bei Obermoschel. 1617 brachte Amélie einen Sohn zur Welt, der jedoch schon am Tag nach der Geburt starb. Zwei Jahre später schenkte sie einem weiteren Sohn das Leben, dem Erbfolger Friedrich Ludwig (1619–1681).

In der Zwischenzeit hatte die Verteilung des Nachlasses ihres Vaters Prinz Wilhelms I., der aus seinen vier Ehen nicht weniger als zwölf Kinder hinterlassen hatte, zu familiären Zwistigkeiten geführt. 1609 hatten sich die drei Söhne, Amélies Halbbrüder Philipp Wilhelm, Moritz und Friedrich Heinrich von Oranien, untereinander verständigt und dabei die Nassau-Bourbon-Schwestern mit unbedeutenden Besitzungen in Frankreich abgespeist. Pfalzgräfin Amélie versuchte daraufhin auf verschiedenen Wegen, eine gerechtere Verteilung des Erbes herbeizuführen.

Aber Amélie quälten nicht nur Geldsorgen. Mittlerweile wütete in Deutschland ein heftiger Krieg zwischen Katholiken und Protestanten (Dreißigjähriger Krieg, 1618–1648). Mit Mann und Sohn floh sie 1621 aus Landsberg nach Straßburg, das damals zu Deutschland gehörte. Hier lebte die Pfalzgräfin, wie aus einem Brief ihrer Schwester Elisabeth hervorgeht, in Elend und Verzweiflung: »Stell Dir vor, sie hat keinerlei Einkünfte und befindet sich in einer Stadt, die ihr nicht hilft. Sie sagt, sie wisse nicht, was sie tun solle, und man müsse auf Gottes Vorsehung vertrauen. Sie hat unserem Bruder Prinz Moritz geschrieben und ihn angefleht, er möge ihr die Gelder überlassen, die ihr zustünden, aber sie hat keine Antwort erhalten. Schon drei Jahre lang haben wir nichts von unserem Erbe gesehen.« 1622 bekommt Amélie in Straßburg einen dritten Sohn, der jedoch schon vor Vollendung des ersten Lebensjahres stirbt. Nach dem Tod ihres Bruders Moritz 1625 reist Amélie von Straßburg nach Den Haag in der Hoffnung, von Moritz’ Nachfolger, ihrem jüngsten Brüder Friedrich Heinrich, materielle oder immaterielle Unterstützung für sich und ihren Sohn Friedrich Ludwig – sein Patenkind – zu erhalten. Doch vergeblich. Der Oranierprinz lebt »in Ruhm, Ehre und Reichtum und sie in großer Armut«, schreibt eine Nichte erzürnt.

Erst 1648, nachdem der Westfälische Friede geschlossen war, konnte Amélie nach Landsberg zurückkehren. Dort verfasste sie immer wieder Bittbriefe an ihre oranische Verwandtschaft (»Helft mir!«) – bis zu ihrem Tod 1657.

Reinildis van Ditzhuyzen, März 2016

Literatur

  • Constantijn Huygens, Briefwechsel, bearbeitet von J.A. Worp,
    http://resources.huygens.knaw.nl/briefwisselingconstantijnhuygens/brieven?zk_correspondentid=42&order=order_by_date
  • Marjolein Jorna: Emilia Secunda Antwerpiana van Oranje, in: Digitaal Vrouwenlexicon van Nederland (Digitales Frauenlexikon der Niederlande),
    http://resources.huygens.knaw.nl/vrouwenlexicon/lemmata/data/EmiliavanNassau
  • Jean-Luc Tulot (Einleitung und Anmerkungen): Correspondance d´Amélie de Nassau Duchesse de Landsberg http://jeanluc.tulot.pagesperso-orange.fr/AmeliedeNassau01.pdf (1593–1612)
    http://jeanluc.tulot.pagesperso-orange.fr/AmeliedeNassau02.pdf (1613–1628)
    http://jeanluc.tulot.pagesperso-orange.fr/AmeliedeNassau03.pdf (1631–1651)
Slot Heidelberg

Im Heidelberger Schloss lebte Emilia Antwerpiana 23 Jahre lang bei ihrer Schwester Luise.

Emilia Antwerpiana alias »Amélie«

Emilia Antwerpiana alias »Amélie«.