Kapitel 13: Amalie (Amélie) Prinzessin von Nassau-Diez und Herzog Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach

Die kurze Ehe einer friesischen Prinzessin mit einem musikliebenden deutschen Herzog

Jugend in Friesland

Amalies Vater Wilhelm Friedrich (Kapitel 9, Juni 2016) ist Statthalter in Friesland, und so spielt sich ihre Jugend überwiegend am statthalterlichen Hof in Leeuwarden ab. Als Amalie sechs Jahre alt ist, wird der Hof »zu exzessiven Kosten« erweitert und verschönert. Ihre Mutter Albertine, die am Haager Oranierhof in üppigem Luxus aufgewachsen war, hat hierauf gedrängt. So glanzvoll wie dort sollte es am friesischen Hof zwar nicht werden, doch steht auch hier eine beeindruckende Zahl von Bediensteten bereit: Kammerdiener, Lakaien, Pagen, Wäscherinnen, ein Stallmeister, ein Hausmeister, ein Mundschenk, ein Gärtner, eine Ehrendame, eine Wäscheverwahrerin und natürlich eine Amme für den Nachwuchs – denn Mütter aus vornehmen Kreisen stillen damals ihre Kinder nicht selbst. Nicht weniger als 75 Personen speisen täglich am statthalterlichen Hof zu Leeuwarden.

Als Amalie knapp neun Jahre ist, kommt ihr Vater bei einem Unglück ums Leben. Ihre Mutter Albertine nimmt das Heft in die Hand, und das nicht nur als Regentin, sondern auch als Bauherrin. So lässt sie unter anderem auf den weiten Heidefeldern im Südosten Frieslands eine Sommerresidenz bauen, Oranjewoud (Oranienwald). Amalie wird sich hier häufig zusammen mit ihrer Mutter aufhalten. Vielleicht zu häufig, denn eine Heirat lässt auf sich warten. Erst reichlich spät, mit 35, schließt sie »zu Hause« in Oranjewoud den Ehebund mit dem fast elf Jahre jüngeren Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach. Dessen älterer Bruder ist regierender Herzog, aber glücklicherweise hat der Bräutigam von seiner Mutter die kleine Grafschaft Sayn-Altenkirchen im heutigen Rheinland-Pfalz geerbt. Dennoch verbringt das Paar auch gern viel Zeit in Oranjewoud, und die beiden Kinder werden hier geboren: Sohn Wilhelm Heinrich (1691–1714) und die nach den beiden Großmüttern genannte Tochter Albertine Johanette (1693–1700).

Geplant ist, dass Amalie die geliebte Sommerfrische Oranjewoud von ihrer Mutter erbt. Es sollte aber anders kommen. Amalie stirbt 1695 nach nur vier Jahren Ehe, und zwar nicht in Friesland, sondern in der mittelalterlichen Burg Allstedt im Südharz, die ihre Schwiegerfamilie zu einem Barockschloss umbauen lässt. Drei Jahre später, 1698, ändert sich das Leben des Witwers Johann Wilhelm völlig unerwartet: sein 33-jähriger Bruder, der regierende Herzog von Sachsen-Eisenach, stirbt an den Pocken. Da er keine Kinder hinterlässt, wird Johann Wilhelm sein Nachfolger.

Musik in Eisenach

In diesem neuen Amt entpuppt er sich als zupackender, frommer und kunstbegeisterter Herrscher. 1708 holt er den jungen Komponisten und Dirigenten Georg Philipp Telemann (1681–1767) nach Eisenach. Dieser baut nicht nur die herzögliche »Special Hoch-Fürstliche Cammer Music« zu einem veritablen Hoforchester aus, sondern komponiert dort einen wesentlichen Teil seines musikalischen Œuvres. Auch singt er als Bariton in seinen eigenen Kantaten mit. Über seinen Aufenthalt in Eisenach bis 1712 schreibt Telemann: »Anjetzo befinde mich in Eisenach / welches ich wohl die hohe Schule nennen kann / worinnen ich nicht allein in verschiedenen zur Music gehörigen Sachen zu einer wahren soliditaet kommen / sondern auch im Christenthume ein gantz anderer Mensch worden bin.«

Bis heute kommt es Eisenach zugute, dass Herzog Johann Wilhelm den Komponisten an seinen Hof verpflichtete: seit 1982 finden dort alle zwei Jahre die Telemann-Tage statt.

Amelie stirbt mit nicht einmal 50 Jahren in der Familienburg Allstedt im Südharz.

Reinildis van Ditzhuyzen, Oktober 2016

Literatur

Siehe Kapitel 9 dieser Reihe über Amalies Eltern Wilhelm Friedrich und Albertine Agnes.

Amalia prinses van Nassau-Dietz

Amélie als zwölfjähriges Prinzesschen in Friesland in kostbarem Gewand (Abraham van den Tempel, 1668, Fries Museum, Leeuwarden).

Herzog Johann Wilhelm von Sachsen-Eisenach

Johann Wilhelm, ihr Ehemann, in voller Kriegsmontur.