Kapitel 12: Ernst Casimir Graf von Nassau, Katzenelnbogen und Diez, und Sophie Hedwig, Herzogin von Braunschweig-Wolfenbüttel, Gräfin von Spiegelberg

Was für ein Fest! Die Hochzeit der fünfzehnjährigen Herzogin Sophie (1592–1642) mit dem mehr als 18 Jahre älteren Grafen Ernst Casimir (1573–1632), Neffe von Prinz Moritz von Oranien, wird 1607 mit nie dagewesenem Prunk und Pomp gefeiert. Eben so, wie es einer Frau ihres Standes gebührt: ihr Onkel Christian ist König von Dänemark, ihre Tante Anna Königin von Schottland und ihre Tante Hedwig Kurfürstin von Sachsen. Aus allen Himmelsrichtungen reisen diese und andere Vertreter des Hochadels nach Gröningen im heutigen Sachsen-Anhalt an, wo die Gäste in dem von Sophies Vater aufwendig verschönerten Renaissanceschloss (1817 abgerissen) logieren. Das Volk ergötzt sich besonders am Festzug der ehrenwerten Gesellschaft durch die Stadt – ein unvergessliches Schauspiel.

Ernst Casimir ist nicht sonderlich reich, er besitzt gerade einmal die kleine Grafschaft Diez an der Lahn. Die Verbindung mit Sophie – die er am glanzvollen Hof ihres Vaters kennenlernte, als er diesem als Generalleutnant diente – ist für ihn äußerst reizvoll, weil Sophie verschiedene Besitzungen, darunter die Grafschaft Spiegelberg im Weserbergland (die König Wilhelm I. 1819 an das Königreich Hannover verkauft) und das Baronat Liesveld (ein Polder im Alblasserwaard am Lek), und damit die entsprechenden Einkünfte mit in die Ehe bringt.

Tapferer Feldherr

Graf Ernst ist, wie auch Moritz, einer der maßgeblichen Feldherren im Kampf gegen die Spanier. Als solcher tritt er in der Öffentlichkeit häufig in seiner »Arbeitskleidung« auf, einem militärischen Prunkgewand, bestehend aus einem reich mit Goldstickereien verzierten Wams mit kostbarem Spitzenkragen, darüber ein Koller, eine dicke Lederweste, die ihn auf dem Schlachtfeld vor Stichen schützen soll. Mit dieser schmucken Montur unterscheidet er sich als Heerführer von den einfachen Soldaten. Zugleich demonstriert er damit Macht und Reichtum. Auch seine Frau Sophie bringt ihren Stand, wie in adligen Kreisen üblich, mit Kleidung und Juwelen zum Ausdruck. Sie besitzt eine Vielzahl von Halsketten, Armbändern, Ohrringen und mit Diamanten, Perlen, Rubinen und Smaragden besetzten Haarnadeln. Hinzu kommen unzählige kostbare Knöpfe, die ihr eine noch strahlendere Erscheinung verleihen. Angesichts der damals herrschenden hygienischen Verhältnisse (die Kleidung wurde nur selten gewaschen, und Toiletten mit Wasserspülung  gab es noch nicht) trägt Sophie natürlich auch Ketten mit Bisamäpfeln, kleinen Behältnissen aus Edelmetall, die Duftstoffe enthalten.

Das Paar wohnt anfangs in Arnheim, später, ab 1620, in Friesland, wo Ernst Statthalter wird. Aber der Graf versteht sich zuallererst als Heerführer. Und das soll ihm zum Verhängnis werden: 1632 kommt er auf dem Schlachtfeld bei Roermond durch einen Kopfschuss ums Leben. Der durchschossene Hut mitsamt der Kugel kann heute im Rijksmuseum in Amsterdam besichtigt werden.

Entschlossene Herrscherin

Für Sophie, die mit den Jahren recht korpulent geworden ist, beginnt damit ein neues Leben: sie wird Regentin der Grafschaft Diez. Und was für eine! In diesen schweren Zeiten – der Dreißigjährige Krieg wütet in aller Heftigkeit – erweist sie sich als die richtige Frau am richtigen Platz: kraftvoll, entschlossen, findig und klug. In Diez, das von allen Seiten belagert wird, ist das Elend groß. Das macht der Landesherrin Sophie zu schaffen. Sie leidet mit der Bevölkerung: »Ich fühle mich wie ein alter Bär, der um sich beißt und doch nichts ausrichten kann«, schreibt sie. Letztendlich erzwingt ihre schlechte Gesundheit einen frühen Tod: 1642 stirbt sie 49-jährig in Arnheim.

Reinildis van Ditzhuyzen, September 2016

Literatur

  • https://landesarchiv.hessen.de/aktuelles/projekte/archivdatenbank-nassau-oranien
  • Ditzhuyzen
  • M.H. Gans: Juwelen en mensen (Juwelen und Menschen), Amsterdam 1961
  • Friedrich Jürgensmeier (Hrsg.): Nassau-Diez und die Niederlande, Wiesbaden 2012
  • Catherine de Jong: »De betekenis van het kostuum in de portretten van Wybrand de Geest« (Die Bedeutung der Kleidung in den Porträts von Wybrand de Geest), in: Kostuum, Jaaruitgave van de Nederlandse Kostuumvereniging (Jahrbuch des Niederländischen Vereins für Kleidermode), 2013
  • Matty Klatter: »Sophie Hedwig«, in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010)
    https://www.deutsche-biographie.de/gnd132468743.html#ndbcontent
  • Jelma Knol: »Sophia Hedwig, de vergeten stammoeder van het huis Oranje-Nassau« (Sophie-Hedwig, die vergessene Stammmutter des Hauses Oranien-Nassau), in: Leovardia (14), Juni 2004, S. 7–14
  • Ralf Staufenbiel: Schloß Gröningen. Ein Traum in Gold, Gröningen 2016
Feldherr Ernst Casimir
Abbildung: https://www.rijksmuseum.nl/nl/collectie/SK-A-570

Feldherr Ernst Casimir in seiner prunkvollen Kriegsmontur (Wybrand de Geest, um 1630/35, Rijksmuseum Amsterdam).

Herzogin Sophie Hedwig
Abbildung: https://www.rijksmuseum.nl/nl/collectie/RP-P-1944-1436

Herzogin Sophie Hedwig, die resolute Regentin.

liber amicorum (Freundschaftsbuch)
Abbildung: ©Koninklijke Bibliotheek Den Haag

»Plutôt mourir que changer« (Lieber sterben als sich ändern) schrieb Sophie 1622 ins liber amicorum (Freundschaftsbuch) von Juliana van Roussel. Tatsächlich ist sie immer sie selbst geblieben. (Koninklijke Bibliotheek, Den Haag)